Wichtige umsatzsteuerliche Änderungen durch das Wachstumschancengesetz

Durch das Wachstumschancengesetz wurde der Schwellenwert zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen angehoben – von 1.000 Euro auf 2.000 Euro. Unternehmer, deren Umsatzsteuerzahllast im Jahr 2024 nicht mehr als 2.000 Euro betrug, können ab 01.01.2025 von der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen befreit werden und brauchen dann nur noch eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgeben.

Bekanntgabefiktion bei Verwaltungsakten: Ab 2025 mehr Zeit für Einsprüche durch das Postrechtmodernisierungsgesetz

Wird beispielsweise gegen einen Steuerbescheid Einspruch eingelegt, kommt es für dessen Zulässigkeit u. a. auf den fristgerechten Eingang beim Finanzamt an. Für die Frist ist wiederum das Bekanntgabedatum des Bescheides von Bedeutung und somit vor allem, wann dieser zur Post gegeben wurde. Bislang galt eine Dreitagesvermutung, wonach der Bescheid am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben galt. Ab 01.01.2025 ändert sich mit dem Postrechtsmodernisierungsgesetz eine entscheidende Regel: Die bisherige Dreitagesvermutung wird zur Viertagesvermutung – eine Anpassung an langsamere Postlaufzeiten.

Fällt das Ende der neuen Viertagesfrist auf einen Samstag, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, verschiebt sich der Fristablauf (§ 108 Abs. 3 der Abgabenordnung) so wie bei der bisherigen Dreitagesfrist auf den Ablauf des nächsten Werktages.

Die Neuregelung ist auf alle Verwaltungsakte anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 zur Post gegeben, elektronisch übermittelt oder elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden. Sie gilt dagegen nicht für Verwaltungsakte, die förmlich zugestellt werden, etwa mit Zustellungsurkunde. In diesen Fällen sind die Verwaltungsakte mit ihrer tatsächlichen Zustellung bekanntgegeben.

Wichtig ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe z. B. für den Beginn der Einspruchsfrist. Hier regelt § 355 Abgabenordnung, dass der Einspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe einzulegen ist.

Beispiel: Ein Steuerbescheid geht an einem Mittwoch (02.04.) zur Post. Der vierte Tag wäre ein Sonntag (06.04). Der Bescheid gilt erst am Montag (07.04.) als bekanntgegeben (gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO i. V. m. § 108 Abs. 3 AO). Die Einspruchsfrist endet also mit Ablauf des 07.05. Bis dann muss der Einspruch beim Finanzamt eingegangen sein.

Gehaltsabrechnungen ausschließlich als elektronisches Dokument erlaubt

Wann darf eine Lohnabrechnung ausschließlich digital verschickt werden? Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen hat und diese Verpflichtung auch dadurch erfüllen kann, wenn er die Abrechnung als elektronisches Dokument zum Abruf in ein passwortgeschütztes digitales Mitarbeiterpostfach einstellt (Az. 9 AZR 48/24).

Ein Lebensmittel-Discounter hatte die Gehaltsabrechnungen der klagenden Verkäuferin in einem digitalen Mitarbeiterpostfach zur Verfügung gestellt, in welchem die Daten passwortgeschützt online abrufbar waren. Auf Grundlage einer Konzernbetriebsvereinbarung war das ab März 2022 die einzige Möglichkeit, auf die Abrechnungen zuzugreifen. Dagegen klagte eine Verkäuferin. Sie verlangte, ihre Abrechnungen weiterhin in Papierform übersendet zu bekommen. Dies sah das Bundesarbeitsgericht anders.

Nachlaufender Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen

Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass nachlaufende Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage in früheren Jahren stehen, aber erst 2022 abfließen, abzugsfähig sind (Az. 7 K 105/24 E)

Streitig war, ob im Streitjahr 2022 abgeflossene Ausgaben, die wirtschaftlich den Vorjahren zuzuordnen sind, als Betriebsausgaben bei einer unter § 3 Nr. 72 EStG fallenden Photovoltaikanlage zu berücksichtigen sind. Der Kläger machte im Jahr 2022 gezahlte Steuerberatungskosten und Umsatzsteuernachzahlungen, die aus dem Betrieb einer bis 2021 steuerpflichtigen Photovoltaikanlage resultierten, als Betriebsausgaben geltend. Das beklagte Finanzamt lehnte dies unter Hinweis auf die ab 2022 geltende Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72
EStG ab.

Das Finanzgericht Münster gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Es stellte hinsichtlich des Betriebsausgabenabzugs auf § 3c Abs. 1 EStG ab, wonach Betriebsausgaben nur dann nicht abgezogen werden dürfen, wenn sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang liegt gerade nicht vor, da die Betriebsausgaben mit steuerpflichtigen Einnahmen aus früheren Jahren im Zusammenhang gestanden hatten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die vom Senat zugelassene Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Az. X R 30/24 anhängig.

Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen ab 01.01.2025

Ab 2025 gilt eine einheitliche Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen für eine maximal zulässige Bruttoleistung von bis 30 kW (peak) pro Wohn- oder Gewerbeeinheit (für alle Gebäudearten vereinheitlicht).

Bei der Steuerbefreiung handelt es sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag. Wird die Grenze demzufolge überschritten, bleibt der gesamte Ertrag steuerpflichtig

Achtung bei antragsgebundenem Freibetrag (§ 16 Abs. 4 EStG)

Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Köln (Az. 9 K 926/22) weist auf eine Steuerfalle beim antragsgebundenen Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG hin. Dieser Freibetrag kann vom Steuerpflichtigen nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden.

Dabei gilt: Der Freibetrag ist auch dann verbraucht, wenn er ohne Antrag gewährt wurde und der Steuerpflichtige gegen den Bescheid nicht vorgegangen ist.

Kann der Steuerpflichtige jedoch nicht erkennen, dass der Freibetrag berücksichtigt wurde, tritt keine Verbrauchswirkung ein.

Im Streitfall hatte das Finanzamt den Freibetrag bei geringen Veräußerungsgewinnen unaufgefordert gewährt, ohne den Steuerpflichtigen darüber zu informieren. Jahre später wollte der Steuerpflichtige den Freibetrag bei der Veräußerung seiner Praxis erneut beantragen, was vom Finanzamt abgelehnt wurde.

Das Finanzgericht Köln entschied zugunsten des Steuerpflichtigen, da die Berücksichtigung des Freibetrags nicht erkennbar war.

Hinweis
Steuerpflichtige sollten Bescheide bei Betriebsveräußerungen prüfen und gegen ungewollte Freibetragsgewährung Einspruch einlegen.

Erschütterung des Anscheinsbeweises der privaten Nutzung von hochpreisigen Fahrzeugen bei einem selbstständigen Sachverständigen

Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass bei fehlender Erschütterung des Anscheinsbeweises eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, wenn ein betriebliches Fahrzeug auch privat genutzt wird (Az. VIII R 12/21).

Der Kläger erzielte als Prüfsachverständiger Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Streitig ist, ob er zwei hochpreisige betriebliche Leasing-Fahrzeuge auch privat genutzt hat (7 er BMW und Lamborghini Aventador).

Wenn das Finanzgericht bei der Anwendung des Anscheinsbeweises für die Privatnutzung eines betrieblichen Fahrzeugs und der dagegen vorgebrachten Umstände den gesetzlichen Maßstab für seine Überzeugungsbildung oder das erforderliche Maß von Überzeugung in grundlegender Weise verkennt, liegt darin ein revisionsrechtlich beachtlicher Rechtsfehler.

Bei der Prüfung, ob der für eine private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge streitende Anscheinsbeweis erschüttert ist, müssen sämtliche Umstände berücksichtigt werden. Ein Fahrtenbuch darf nicht von vornherein mit der Begründung außer Betracht gelassen werden, es handele sich um ein nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch.

Eine ordnungsgemäße Dokumentation, z. B. durch Fahrtenbücher, ist trotz der Urteilsgründe essenziell, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.

Hinweis
Das Finanzgericht hatte im Streitfall die Kosten für den Lamborghini nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG drastisch gekürzt, da es die Höhe der Kosten für unangemessen hielt. Maßgeblich für die Prüfung der Unangemessenheit von Aufwendungen sind nach dem Bundesfinanzhof die Größe des Unternehmens, die Höhe des längerfristigen Umsatzes und des Gewinns, die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und seine Üblichkeit in vergleichbaren Betrieben. Die Berührung der privaten Lebensführung, die das Finanzgericht für die Kürzung im ersten Rechtsgang noch angeführt hatte, reicht als Begründung für eine Kürzung nicht aus. Bei der erneuten Angemessenheitsprüfung hat es daher auch die Kosten-Nutzen-Relation zu berücksichtigen.

Anscheinsbeweis spricht für Privatnutzung eines Pkw durch den Gesellschafter- Geschäftsführer – Verdeckte Gewinnausschüttung

Das Hessische Finanzgericht hatte zu entscheiden, ob das Finanzamt zu Recht für Aufwendungen in Bezug auf jeweils im Betriebsvermögen befindliche Kraftfahrzeuge außerbilanzielle Hinzurechnungen aufgrund einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) vorgenommen hat (Az. 8 K 1129/20).
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Unternehmensberatung, Personalberatung sowie die Identifikation und Vermittlung von Führungskräften und Spezialisten. Die Dienstleistungen der Klägerin konzentrieren sich vornehmlich auf die Geschäftsfelder Kliniken, Medizintechnik, Pharma und Biotech. In den dem Streitzeitraum vorausgegangenen Jahren 2012 bis 2014 schaffte die Klägerin seinerzeit Kraftfahrzeuge der Marke Porsche an. Die jeweilige Erweiterung des Fuhrparks, wie auch die ausschließlich betriebliche Nutzung der Fahrzeuge, wurde mit Gesellschafterbeschlüssen beschlossen. Fahrtenbücher wurden für die genannten Fahrzeuge im gesamten Streitzeitraum nicht geführt.

Wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ein betriebliches Fahrzeug zur Nutzung überlässt, spricht aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass das Fahrzeug von dem Gesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich auch für private Fahrten genutzt wird. Dies gilt – unabhängig davon, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer die Kapitalgesellschaft beherrscht – sowohl im Falle einer fehlenden vertraglichen Vereinbarung über eine Privatnutzung als auch bei einem im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag ausdrücklich vereinbarten Privatnutzungsverbot und insbesondere dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer kein Fahrtenbuch führt, keine organisatorischen Maßnahmen getroffen wurden, die eine Privatnutzung des Fahrzeugs ausschließen und eine unbeschränkte Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers auf den Pkw besteht. Es liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vor, sofern die – z. B. mangels Erschütterung des Anscheinsbeweises feststehende – Privatnutzung ohne fremdübliche Überlassungs- und Nutzungsvereinbarung erfolgt.

Periodengerechte Verteilung einer Leasingsonderzahlung im Rahmen der Ermittlung der jährlichen Fahrzeuggesamtkosten

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Leasingsonderzahlungen bei beruflich genutzten Fahrzeugen nicht mehr vollständig im Jahr der Zahlung als Werbungskosten abgezogen werden können. Stattdessen sind sie periodengerecht auf die Laufzeit des Leasingvertrags zu verteilen (Az. VI R 9/22).

Leasingsonderzahlungen und ähnliche Vorauszahlungen müssen den jeweiligen Veranlagungszeiträumen anteilig zugeordnet werden.

Das Urteil ändert die bisherige Rechtsprechung, nach der Leasingsonderzahlungen sofort im Zahlungsjahr abgezogen werden konnten.

Hinweis
Arbeitnehmer mit Leasingfahrzeugen sollten die neuen Vorgaben beachten und Kosten entsprechend verteilen. Es gilt, die geänderten Grundsätze zu beachten, um unzulässige Werbungskostenabzüge zu vermeiden.

Vorteilsminderung bei der 1%-Regelung – Prozesszinsen als steuerbare und steuerpflichtige Kapitaleinkünfte

Ein Steuerpflichtiger erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, selbstständiger Arbeit und Kapitalvermögen. In seiner Einkommensteuererklärung machte er u. a. geltend, dass der geldwerte Vorteil aus der Nutzung eines Dienstwagens zur Privatnutzung um selbst getragene Kosten (hier: Maut-, Fähr- und Parkkosten sowie die Absetzung für Abnutzung (AfA) eines privat angeschafften Fahrradträgers für den Dienstwagen) zu mindern sei. Das beklagte Finanzamt lehnte dies ab.

Dies bestätigte der Bundesfinanzhof (Az. VIII R 32/20). Nach Auffassung der Richter begründet eine Kostentragung des Arbeitgebers für Maut-, Fähr- und Parkkosten, die dem Arbeitnehmer auf Privatfahrten entstehen, einen eigenständigen geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers neben dem mit der 1%-Methode pauschal bewerteten Vorteil des Arbeitnehmers aus der Nutzungsüberlassung des Fahrzeugs für Privatfahrten. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der geldwerte Vorteil des Arbeitnehmers aus der Nutzungsüberlassung des Dienstwagens nicht gemindert wird, wenn der Arbeitnehmer diese Aufwendungen trägt. Dies gilt ebenso für die vom Arbeitnehmer auf Privatfahrten getragene Parkkosten und für den Wertverlust aus einem vom Steuerpflichtigen erworbenen Fahrradträger in Höhe der AfA.

Hinweis
Des Weiteren entschied der Bundesfinanzhof, dass an den Steuerpflichtigen gezahlte Prozesszinsen gemäß § 236 der Abgabenordnung steuerbare und steuerpflichtige Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG sind.