Zeitpunkt des Werbungskostenabzugs für Erhaltungsrücklagen

Die Leistungen eines Wohnungseigentümers in die Erhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft (z. B. im Rahmen der monatlichen Hausgeldzahlungen) sind steuerlich im Zeitpunkt der Einzahlung noch nicht abziehbar. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erst vorliegen, wenn aus der Rücklage Mittel zur Zahlung von Erhaltungsaufwendungen entnommen werden (Az. IX R 19/24).

In dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall vermieteten die Kläger mehrere Eigentumswohnungen. Das von ihnen an die jeweilige Wohnungseigentümergemeinschaft gezahlte Hausgeld wurde zum Teil der gesetzlich vorgesehenen Erhaltungsrücklage (vormals Instandhaltungsrückstellung) zugeführt. Insoweit erkannte das beklagte Finanzamt keine Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften an. Der Abzug könne erst in dem Jahr erfolgen, in dem die zurückgelegten Mittel für die tatsächlich angefallenen Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum verbraucht würden. Die Kläger vertraten die Ansicht, dass bereits die Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage als sofort abzugsfähige Werbungskosten bei einer vermieteten Wohnung berücksichtigt werden müssten. Sie begründeten dies u. a. damit, dass nach der Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz im Jahr 2020 eine Wohnungseigentümergemeinschaft Rechtsfähigkeit erlangt hat. Das Finanzgericht Nürnberg wies die Klage ab.

Die Richter des Bundesfinanzhofs wiesen die Revision der Kläger zurück. Der Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG fordere einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vermietungstätigkeit und den Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Zwar hätten die Kläger den der Erhaltungsrücklage zugeführten Teil des Hausgeldes zwar erbracht und konnten hierauf nicht mehr zurückgreifen, da das Geld ausschließlich der Wohnungseigentümergemeinschaft gehört. Auslösender Moment für die Zahlung sei jedoch nicht die Vermietung, sondern die rechtliche Pflicht jedes Wohnungseigentümers, am Aufbau und an der Aufrechterhaltung einer angemessenen Rücklage für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums mitzuwirken. Ein Zusammenhang zur Vermietung entstehe erst, wenn die Gemeinschaft die angesammelten Mittel für Erhaltungsmaßnahmen verausgabt – erst dann kämen die Mittel der Immobilie zugute. Des Weiteren hob der Bundesfinanzhof hervor, dass entgegen der Auffassung der Kläger auch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2020, durch die der Wohnungseigentümergemeinschaft die volle Rechtsfähigkeit zuerkannt wurde, die steuerrechtliche Beurteilung des Zeitpunkts des Werbungskostenabzugs für Zahlungen in die Erhaltungsrücklage nicht verändert.

Hintergrund: Die Finanzverwaltung lässt geleistete Zahlungen in die nach dem Wohnungseigentümergesetz (§19 und § 28 WEG) gesetzlich vorgeschriebenen Erhaltungsrücklagen erst zum Werbungskostenabzug zu, wenn die Hausverwaltung die Rücklagen tatsächlich für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums verausgabt hat.